Am 6. und 7. November 2025 fand in der Botschaft der Republik Polen in Berlin das internationale Symposium „Echoes of Empire: Soviet Monuments and the Machinery of Disinformation“ statt – organisiert vom Ukrainischen Institut in Deutschland gemeinsam mit einer Reihe weiterer Partner. Etwa 150 Expert:innen aus Wissenschaft, Politik, Recht, Kunst und Erinnerungskultur kamen zusammen, um den Umgang mit sowjetischen Denkmälern in Europa zu diskutieren.
Ich war bei dieser Veranstaltung dabei und möchte im Folgenden die wichtigsten Themen, spannenden Fallbeispiele und Herausforderungen, insbesondere mit Blick auf Deutschland, nachzeichnen.
Internationale Perspektiven: Umgang mit sowjetischen Denkmälern in anderen Staaten
Ein Schwerpunkt des Symposiums lag auf den Erfahrungen außerhalb Deutschlands. Diese waren sehr konkret: Beispielsweise wurden Denkmäler abgerissen, umgewidmet, Toten umgebettet oder künstlerisch neu adressiert.
In den baltischen Staaten und in Teilen Mittel- und Osteuropas zeigten mehrere Studien, dass Denkmäler aus der Sowjetzeit vielfach entfernt wurden. Zum Beispiel wurden in Estland, Lettland und Litauen große Bestände solcher Monumente abgebaut oder umgeschichtet.
Ein konkretes Beispiel: In Litauen wurden 2015 vier sozialistische Realismus-Statuen von der „Green Bridge“ in Vilnius entfernt.
In Polen, den baltischen Staaten und der Ukraine koordinierte „De-Kommunisierung“ führte zu beschlossenem Abbau und neuen Nutzungsformen für ehemals sowjetische Denkmäler.
Die Beiträge beim Symposium zeigten auch künstlerische Ansätze, die nicht auf vollständigen Abriss setzen, sondern auf Transformation, Kontextualisierung und kritische Erinnerung. So warnte Prof. Dr. Andrij Portnov etwa davor, Monumente einfach zu löschen, sondern empfahl eine Re-Contextualisierung durch Historiker:innen, Kunst- und Kulturakteure.
Auch die Rolle von Narrativen und Desinformation wurde beleuchtet: Denkmäler als Instrumente ideologischer Macht- und Erinnerungspolitiken, die heute im Kontext von russischer Aggression wiederum aufgeladen sind.
Diese internationalen Beispiele bieten wichtige Impulse: Sie zeigen, dass der Umgang mit sowjetischem Erbe nicht rein technisch ist (z. B. Abriss vs. Erhalt), sondern zutiefst politisch-kulturell, medien- und erinnerungspolitisch geprägt.
Die deutsche Situation: Besonderheiten und Herausforderungen
Auch auf deutscher Seite wurde reflektiert, warum der Umgang mit sowjetischen Denkmälern hierzulande besondere Rahmenbedingungen aufweist – und welche Schwierigkeiten sich daraus ergeben haben.
In Deutschland ist die Situation insofern anders als in vielen Nachfolgestaaten der Sowjetunion oder den baltischen Staaten, weil die „Sowjet-Denkmäler“ hier häufig Bestandteile offizieller Kriegsgräberstätten sind. Im Berliner Raum existieren etwa drei große Monumentalanlagen, in denen über 20.000 bestattete Rotarmisten liegen.
Zudem stehen diese Anlagen rechtlich im Spannungsfeld von Kriegsgräberfürsorge, internationalem Friedhofs- und Grabdenkmalrecht sowie deutschem Denkmal- und Schutzrecht. Beim Symposium wurde hervorgehoben, dass in Deutschland der Denkmalschutz oftmals künstlerische Interventionen, Umbauten oder Entfernen stark erschwert – wenn nicht verhindert.
Ein weiterer Punkt: Anders als in Ländern, in denen die Sowjetunion als Besatzungs- bzw. Kolonialmacht wahrgenommen wird, ist die Erinnerung in Deutschland komplexer – einerseits Befreiung vom Nationalsozialismus, andererseits als Teil der sowjetischen Besatzungsherrschaft. Diese Ambivalenz macht die Debatte schwieriger.
So wurde im Panel zur rechtlichen Rahmenbedingung (Panel 3) deutlich: Vertreter:innen der Berliner Verwaltung, des Friedhofs- und Gräberwesens und des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. erläuterten die praktischen Hürden – vom Erhaltungsgebot über Vertragslage mit der russischen Seite bis zur denkmalrechtlichen Einstufung.
Im Panel „Kreative Praktiken des Erinnerns und Umdeutens“ wurde deutlich: Während in anderen Ländern künstlerische Projekte oft möglich sind, ist dies in Deutschland kaum realisiert – gerade wegen der genannten Schutz- und Verantwortlichkeitslagen.
Mein Fazit
Das Symposium war in seiner internationalen Ausrichtung sehr wertvoll: Es öffnete Horizonte für den deutschen Fall, zeigte konkrete Praxisbeispiele inklusive Abriss-, Umnutzungs- oder Kunstprojekten und machte deutlich, wie sehr Erinnerungsorte – insbesondere sowjetische Monumente – mit aktuellen geopolitischen Narrative verbunden sind. Für Deutschland bleibt herausfordernd, dass der Schutzrahmen (Friedhöfe, Kriegsgräberrecht, Denkmalpflege) viele klassische Wege (Abriss, freie künstlerische Umnutzung) verunmöglicht. Gleichzeitig entsteht hier auch eine Chance: durch kritische Kontextualisierung, durch stärkeres Bewusstmachen der Ambivalenzen dieser Monumente – und durch kreative Ansätze, die den historischen und politischen Rahmen mitdenken.